Umsetzung der Energiewende in Sachsen 3.0 - Sächsische Energiewendestrategie UPDATE 2022

16. Februar 2022

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Sächsische Energiewendestrategie UPDATE 2022 – Version 1.0 – Stand 16.02.2022

Vorwort

Das Energie- und Klimaprogramm (EKP2021) wurde am 1. Juni 2021 vom sächsischen Kabinett beschlossen. Es wird als der strategische Rahmen für die sächsische Energie- und Klimapolitik angesehen. Eine Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) erarbeitet aktuell unter Federführung des SMEKUL einen gemeinsamen Maßnahmenplan.

Die VEE Sachsen e.V. hat erhebliche Bedenken, zentrale Fragen der Energie- und Klimapolitik des Freistaates Sachsen in einem Regierungsprogramm zu regeln. Den Rahmen sollte ausgehend vom Gesetzesvorbehalt und Rechtsstaatsprinzip ein Sächsisches Klimaschutzgesetz liefern. Ein solches ist nicht vorhanden.

Zu betonen ist einführend ebenfalls noch einmal, dass die Energiewende auf eine dezentrale, verbrauchsnahe und natürlich grüne Erzeugungslandschaft abzielt. Soweit in Sachsen Großprojekte geplant sind, ist eine Balance zwischen Konzentrationszonen (z.B. auf Bergbaubrachen mit Solargroßkraftwerken über 500 MWp) und kleineren Erzeugungseinheiten herzustellen. Dies hätte ebenfalls einen positiven Effekt für die Akteursvielfalt, lokale Wertschöpfung und wirtschaftliche Teilhaber (Kommunen, Eigentümer, Landwirte, Installateure, Planer usw.).

Wir unterbreiten folgende Vorschläge für die Energiewende in Sachsen und den Maßnahmenkatalog zum EKP

1.    Klimaschutzgesetz

Wir fordern von der Landesregierung, dass sie sich klar zum Schutz des Klimas mit der Einhaltung der Reduktion der CO2-Emissionen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen bekennt.

Dazu bedarf es der unverzüglichen Umsetzung der folgenden Punkte:

•    Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes mit klar definierten Zielvorgaben zur CO2-Reduzierung in der Gestalt, dass das für das 1,5 Grad-Ziel gegebene CO2-Budget nicht überschritten wird.

•    Beim Gesetzgebungsverfahren zum Klimaschutzgesetz muss zwingend nachgewiesen werden, dass das oberste Ziel die Klimaneutralität ist und dass sämtliche Schritte hierauf ausgerichtet sind. Bestehende Gesetze sind innerhalb der Legislatur anzupassen, z.B. Sächsisches Vergabegesetz, Sächsische Bauordnung, Landesentwicklungsplan (LEP).

•    Klare Emissionsziele für alle Sektoren mit Monitoring und konkreten Maßnahmen bei Nichteinhaltung, Verweis auf die Anlage 2 des Bundes-Klimaschutzgesetzes in der derzeit gültigen Fassung.

•    Schaffung einer Verbindlichkeit der festgelegten Ziele, Maßnahmen und Ausbaupfade für die Ausgestaltung und Umsetzung der Regionalpläne 

•    Erstellung einer aktuellen und zukunftsorientierten Datengrundlage für die Entwicklung des Strombedarfes – zu erwartende Steigerungen durch Sektorenkopplung in Wirtschaft und Logistik müssen berücksichtigt werden (z.B. E-Mobilität, Erzeugung von Wasserstoff, Nutzung Wärmepumpen, “grüne” Produktion etc.)

•    Sämtliche Strukturwandel-Projekte in den Kohleregionen müssen auf ihre Klimaneutralität geprüft werden. Kann eine Klimaneutralität nicht sichergestellt werden, sind diese Projekte zu unterlassen oder zu stoppen. Eine Reduktion der Treibhausgase allein darf nicht genügen, wenn das Projekt keine vollständige Reduktion verfolgt. Zugleich hat eine Prüfung der Maßnahmen bezüglich der bundespolitischen Zielsetzung des Kohleausstieges (idealerweise bis 2030 => Beschleunigung von Maßnahmen) zu erfolgen.

•    Bei allen Investitions- und Beschaffungsvorgängen des Freistaates ist das Ziel der Treibhausgasminderung (bspw. auch bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand) zu berücksichtigen.

•    Einforderung einer klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030

•    Klimaneutraler Gebäudebestand

•    Erstellung von Klimaschutzkonzepten und Wärmekonzepten in den Landkreisen und Gemeinden

•    Bei öffentlichen Ausschreibungen muss das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz Eingang finden und ein entsprechendes Gewicht im Vergabeverfahren einnehmen.

Wir fordern die Sächsische Staatsregierung auf, den Klimaschutz als Staatsziel in die Sächsische Verfassung aufzunehmen, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Wir fordern, klarzustellen, dass zugelassene Umweltverbände klagebefugt für Klimabelange sind.


2.    Sächsische Energieagentur SAENA

Wir fordern, dass die SAENA als sächsische Energieagentur den Ausbau der Erneuerbaren Energien aktiv fördert.

Dazu bedarf es:

•    Positive Öffentlichkeitsarbeit in allen verfügbaren Medien zur Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien.

•    Anbieterneutrale Beratung und Monitoring für Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen mit dem Ziel der Akzeptanzstärkung und zugleich eine aktive Aufklärung und Beratung der regionalen Planungsverbände.

•    Stärkere Einbindung der SAENA als beratende Instanz mit dem Ziel, die Voraussetzungen für einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu unterstützen.

•    Erarbeitung rechtssicherer Beteiligungsmöglichkeiten für Kommunen und Bürger.

•    Konzepterstellung/Ansprechpartner zur direkten Nutzung der Energie aus EE-Erzeugungsanlagen für Kommunen, Bürger und Unternehmen.

•    Eine Verstärkung der Rolle als Austauschplattform/Anlaufstelle für Versorger, Erzeuger, Kommunen, Bürgern und Unternehmen.

•    Unterstützung der Bürger, Kommunen und Projektentwickler mit Angeboten zur Stärkung der Transparenz sowie der regionalen Wertschöpfung.

•    Moderation und Mediation in Gemeinde- und Bürgerversammlungen bei Themen der Erneuerbaren Energien, um so die Akzeptanz zu steigern.

•    Eine Verstärkung der Rolle als Kompetenzpartner für Politiker auf Landes- sowie Kommunalebene, beim Wissenstransfer von Klima- und Energiestudien. Hierzu sollten regelmäßig Konzeptpapiere für Sachsen erarbeitet werden, welche den Politikern aktiv als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden.

•    Weiterer Ausbau des Angebotes für Schulen sowie Kinder- und Jugendprojekte zu Themen des Klimaschutzes und der Erneuerbaren Energien.

•    Weiterbildungsangebote im Bereich der Erneuerbaren Energien für Lehrer:innen und Ausbilder:innen.

•    Kommunikation von sächsischen Best-Practice-Vorhaben und Förderung des Austauschs interessierter Kommunen, Bürger, etc.


3.    Genehmigungsverfahren

Wir fordern, dass die Genehmigungsverfahren für Erneuerbaren-Energien-Anlagen zügiger bearbeitet werden.

Dazu bedarf es:

•    Verbesserung der personellen und fachlichen Ausstattung der Behörden in Verbindung mit der Übertragung von Entscheidungskompetenzen; zügiger Ausbau und Integration

•    Verbesserung der technischen Ausstattungen der Behörde und Ermöglichung der digitalen Infrastruktur bei den Behörden bei Antragseinreichung und -bearbeitung

•    Klare Einhaltung vorgegebener Zeitschienen und Limitierung von Verlängerungsoptionen bei Stellungnahmen der Fachbehörden

•    Konzentration der immissionsschutzrechtlichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung in der Landesdirektion Sachsen den Landesdirektionen und der Festlegung von verbindlichen Fristen

•    Ausstattung der Landesdirektion personeller und fachlicher Art am Bedarf der Genehmigungsverfahren

•    einheitliche Richtlinien im Bereich des Natur- und Artenschutzes

o    welche sich an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren

o    Populationsschutz statt Individuenschutz in den Vordergrund stellen

o    die für neue Genehmigungsverfahren bei Repowering die bereits entstandene ökologische Ausstattung angemessen berücksichtigen

•    Förderung von Repoweringverfahren über beschleunigte Genehmigungsverfahren unter Berücksichtigung der Gewöhnungseffekte und der Vor-Ort vorhandenen Akzeptanz

•    Beseitigung von Ausbauhemmnissen wie beispielsweise realitätsferner Berechnungsansätze bei der Verknüpfungspunktermittlung (kein Eigenverbrauch des Verbrauchers sowie im Ortsnetz) mit der Folge teurer ressourcenaufwendiger Stromtrassen oder verschenkter einfacher Ausbaupotentiale


4.    Direktabnahme

Wir fordern, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien marktfähig zu gestalten, die Direktabnahme von Strom aus Erneuerbaren Energien für Gewerbe/Industrie und Anwohner attraktiv zu machen und damit langfristig den Stromkunden zu entlasten und die Akzeptanz zu erhöhen.

Dazu bedarf es:

•    Abschaffung der EEG-Umlagepflicht für Eigenbedarfsstrom und bei Direktlieferung (Selbstvermarktung durch Erzeuger)

•    Beseitigung von Hemmnissen, wie z.B. der doppelten EEG-Umlage auf Speicherprozesse, und Schaffung von Anreizen für Lastmanagement

•    Förderung von Mieterstrom: Zum Beispiel muss vorgeschrieben werden, dass für sämtliche neuen Projekte im Sozialen Wohnungsbau, bei der der Freistaat oft 60% der Baukosten trägt, eine PV-Anlage zur Versorgung der Mieter Standard wird.

•    Post-EEG-Anlagen: Beibehaltung des Referenzanlagenmodells in Mischkonstellation mit Erzeugungsanlagen innerhalb und außerhalb des EEGs (Vereinfachung der Messverfahren)

•    gesetzliche Vorgaben zur Messung und Abgabe attraktiv gestalten, damitDirektabnahme möglich ist

•    Umsetzung einfacher, kostengünstiger und praktikabler Lösungen für den Weiterbetrieb der Anlagen nach Auslaufen der EEG-Förderung

•    Abschaffung der Direktvermarktungspflicht für Anlagen bis 1 MW bzw. 1.000 MWh/a


5.    Sektorenkopplung

Wir fordern, dass die Potentiale der Sektorenkopplung zur Angleichung der volatilen erneuerbaren Stromerzeugung an den schwankenden Strombedarf für einen netzdienlichen Betrieb genutzt werden. Für die Marktetablierung sollten entsprechende Anreize über Förderprogramme gegeben werden.

Dazu bedarf es:

•    Besserer personeller Ausstattung der Netzbetreiber, um kurzfristig Netzanschlüsse berechnen, genehmigen und realisieren zu können

•    Sicherstellung / Unterstützung der beschleunigten Bearbeitung und Umsetzung der Netzausbaupläne

•    Ausbau der Elektromobilität zur Kappung auftretender erneuerbarer Energieerzeugungsspitzen und Unterstützung der Kommunen zur Errichtung der notwendigen Ladeinfrastruktur, z.B. über Förderprogramme

•    Förderung von Innovationen zur Einbeziehung der Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung sowie der Gebäudekörper als Speicher für erneuerbare Stromerzeugungsspitzen

•    Förderung innovativer Speicherkonzepte und bidirektionalen Ladens im Rahmen der E-Mobilität

•    Entwicklung einer Strategie zur Errichtung von Langzeitspeichern zum saisonalen Energieausgleich

•    Förderung von Power-to-X-Anlagen zur Absicherung des Energiebedarfs durch Einspeisung in das vorhandene Erdgasnetz und zur Modernisierung des ÖPNV und nicht elektrifizierter Zugstrecken

•    Entlastung des EE-Stroms für Wärmepumpen von EEG-Umlage und Stromsteuer

•    Flexibler Strompreise für Privat- und Firmenkunden, um finanzielle Anreize für angebotsabhängige Nutzung zu geben

6.    Bioenergie

Flexible Bioenergieanlagen ermöglichen eine netzdienliche und verlässliche Erzeugung von Strom und Wärme. Das EEG ist zunehmend kein Finanzierungsgarant. Im Klimaschutzprogramm des Bundes von 2019 ist ein Kapazitätszubau um ein Viertel geplant.  Für Sachsen würde das ein Zubau von ca. 30 MW bedeuten

Wir fordern, dass der Bestand von Bioenergieanlagen in Sachsen gesichert sowie ein moderater Zubau netzstabilisierender, biogener Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ermöglicht wird. Dazu bedarf es:

•    Neue Konzepte für mehr Effizienz, Netzdienlichkeit, Wärmebedarfe finden und Kraftstoffoption berücksichtigen. Ein Beratungsprogramm oder Machbarkeitsstudien für typische Anlagenneuausrichtungen sind wichtig.

•    Gekoppelte klimaschützende Dienstleistungen der Biogasanlagen anerkennen und fördern, wie z.B. Alternative Anbausysteme für Energiepflanzen, Treibhausgas-Minderung in der Landwirtschaft und Carbon Capture and Utilization.

•    Kommunale Bioabfälle werden unzureichend energetisch und konform dem Kreislaufwirtschaftsgesetz genutzt. Hier sollte mehr aufgeklärt, gefördert und gefordert werden.

7.    Geothermie

Wir fordern, dass die Nutzung geothermischer Anlagen aktiv durch die Landesregierung gefördert wird.

Dazu bedarf es:

•    Unterstützung der Forschung durch Ausbau eines systematischen Erkundungsprogramms im Bereich der Tiefengeothermie

8.    Photovoltaik

Wir fordern, dass die Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen in Sachsen konsequent gefördert wird, dabei sind PV-Freiflächenanlagen wesentlicher Wachstumsfaktor.

Dazu bedarf es:

•    Dynamische Anpassung der Ausschreibungsmenge der sächsischen Länderöffnungsklausel für PV an die Ausschreibungsmenge des EEG für solare Sonnenenergie.

•    Die bisher in der sächsischen Länderöffnungsklausel definierte Grenze von 180 MW im Kalenderjahr kann dem zukünftigen Ausbaubedarf in Sachsen nicht nachkommen. Der im EEG 2021 verabschiedeten Steigerung der Ausschreibungsmenge auf Bundesebene sollte auch auf Landesebene durch eine dynamische Verweisung in Höhe von 10 % des zulässigen Volumens gefolgt werden. Somit würde die bei der Begründung der bisherigen Grenze von 180 MW genutzte Systematik in der Länderöffnungsklausel fortgeführt werden.

•    Abschaffung der Drosselung der Einspeisung, insbesondere im Zusammenhang mit der Förderung von Speicheranlagen

•    Alle öffentlichen Gebäude (Verwaltung, Schulen) sind bei Neubau verpflichtend mit PV-Anlagen zu versehen. Bei Bestandsgebäuden ist sachsenweit ein Dachkataster zu erstellen, in dem die Flächen der Dächer und die Lastreserven für zusätzliche Dachlasten wie PV-Anlagen verzeichnet sind. Für die Erstellung sind entsprechende Stellen zu schaffen.

Um den Anteil an der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Freistaat Sachsen zu erhöhen, sollten kurzfristig auch die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen verbessert werden. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung von PV-Freiflächenanlagen. Wir begrüßen die Nutzung der Länderöffnungsklausel und den Erlass der PV-Freiflächenverordnung, um den Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik voranzubringen.

Wir schlagen des Weiteren vor, eine Ausschlusswirkung durch konkurrierende erneuerbare Energien zu verhindern.

Im Maßnahmenplan sollte hierfür die Grundlage wie folgt gelegt werden:

•    Jährliche Evaluierung der Ausnutzung/Zuschläge für PV-Freiflächenanlagen für sächsische Projekte im Rahmen der EEG-Ausschreibungen und eine dynamische Erhöhung der zulässigen Kontingente entsprechend der Ausschreibungsmenge auf Bundesebene

•    Erarbeitung eines Leitfadens oder einer Handlungsempfehlung zur Planung von PV-Freiflächen-Anlagen (z.B. für die raumordnerische oder landesplanerische Bewertung in Bauleitplan- bzw. Genehmigungsverfahren).

Dabei sollten folgende Punkte Berücksichtigung  finden:
o    Konkretisierung von PV-Freiflächen-Anlagen im Umgang mit raumordnerischen Hemmnissen wie Schutzgebiete (zum Beispiel: Vorranggebiet Arten- und Biotopschutz)
o    Schlecht bewirtschaftbare Böden (Bodenpunkte < 35 oder andere geeignete Kennzahlen) sollten für einen Ausbau von PV-Freiflächen bevorzugt werden. Der Ausbau auf solchen Flächen wirkt Verödung und Brachflächen entgegen. Innerhalb der Freiflächen-PV entsteht die Möglichkeit für Insektenwiesen, welche eine positive Wechselwirkung zu benachbarten Flächen haben kann.
o    Gut bewirtschaftbare Böden sollten durch Kombinationslösungen betrachtet werden. Die Anwendung von Agri-Photovoltaik-Anlagen erlaubt eine energetische sowie landwirtschaftliche Nutzung. Eine Bebauung sollte aber nur im engen Austausch mit den jeweiligen Landwirten erfolgen, um eine optimale Nutzung zu gewährleisten.
o    Entfall der gesamträumlichen Prüfung im Flächennutzungsplanverfahren bei Agri-PV-Anlagen
o    Energetische Kombinationslösung auf verfügbaren Flächen. Der Ausbau von PV-Freiflächen sollte nicht zu Lasten anderer erneuerbaren Energien fallen und vice versa. Eine Ausschlusswirkung ist in keiner Weise förderlich für das Erreichen der geforderten Ausbauziele.
o    Förderung der Erschließungspotentiale im Industrie-Umfeld – Bereitstellung größerer Versorgungsflächen für Eigenversorgungs- bzw. Direktbelieferungsmodelle dringend erforderlich
o    Beseitigung von Ausbauhemmnissen wie beispielsweise starrer Berechnungsansätze bei der Verknüpfungspunktermittlung
o    Bestimmung eines ressourcenschonenden Anschlusspunkte anstelle eines Anschlusspunkt, welcher am nächsten verortet ist. Gegebenenfalls mögliche Variantenbetrachtung für Netzanschluss vornehmen. Folge bisheriger Berechnungen teure Stromtrassen oder verschenktes Ausbaupotentiale 
 
Wir begrüßen die auf Bundesebene geplanten Bestrebungen zur Umsetzung von PV-Dachanlagen im gewerblichen und privaten Umfeld. Wir fordern notwendige Schritte auch auf Landesebene zu konkretisieren und zu ermöglichen.

Die VEE Sachsen e.V. fordert die sächsische Landesregierung deswegen auf, eine Solarpflicht für gewerbliche Neubauten entsprechend den Regelungen in Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz so schnell wie möglich umzusetzen – und die Hürden für private Bauherren zu senken sowie zusätzliche Anreize durch Förderprogramme zu schaffen. Wir verweisen hierzu auf unsere Pressemitteilung vom 10.12.2021.
 
Der Freistaat Sachsen sollte sich auch für die Förderung und Weiterentwicklung neuer Technologien einsetzen. So sehen wir auch große Potentiale bei der Entwicklung von Floating-PV-Projekten, die in Deutschland bisher äußerst selten umgesetzt wurden. Gleiches gilt für Agri-Photovoltaik-Anlagen, durch die eine kombinierte Nutzung von Flächen für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten sowie für die Stromerzeugung erreicht werden kann. Sowohl Floating-PV-Anlagen als auch Agri-Photovoltaik-Anlagen sind gegenüber anderen Freiflächen-PV-Anlagen jedoch aktuell wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Um das zweifellos bestehende Potential dieser Techniken dennoch zu heben, sollte der Freistaat Sachsen jeweils ein Pool von Pilotprojekten finanziell unterstützen und Genehmigungsverfahren vereinfachen. Auf Bundesebene sollte sich die Landesregierung für die Beibehaltung eines eigenen Ausschreibungsvolumens für Agri-PV sowie für Floating-PV samt eines erhöhten Höchstpreises im Rahmen einer Novellierung des EEG einsetzen.

9.    Windenergie

Wir fordern, dass die großen Potentiale der Windenergie mit Verweis auf die Windpotenzialstudie von 2017 als eine der kostengünstigsten und effizientesten Stromgewinnungsformen in Sachsen konsequent genutztwerden.

Dazu sind folgende Maßnahmen notwendig:

•    Der angestrebte vorgezogene Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bis 2030 macht es unbedingt notwendig, den Ausbau der Windenergie zu forcieren, damit Sachsen nicht vom Stromexporteur zum -importeur wird. Sachsen bietet, wie die Windpotenzialstudie aufzeigt, ausreichend Möglichkeiten, um den insbesondere von der Industrie dringend benötigten grünen Strom zur Verfügung zu stellen.

•    Hinzu kommt ein weiterer Bedarf durch die im Januar 2022 beschlossene Sächsische Wasserstoffstrategie.

•    Ausweisung von 2 % der Landesfläche als Vorranggebiete in den Regionalplänen ohne restriktive Kriterien wie zum Beispiel Höhenbegrenzungen oder das Einbeziehen der vom Rotor überstrichenen Fläche ins Vorranggebiet. Die Anpassung der Regionalpläne auf die Flächenziele hat innerhalb von maximal 3 Jahren zu erfolgen.
•    Beschleunigung der Verfahren zur Aufstellung der Regionalpläne durch die Verbesserung der finanziellen Ausstattung der regionalen Planungsverbände und damit verbunden der Aufbau des Personalbestandes der regionalen Planungsverbände.

•    Überprüfung und Aktualisierung vorhandener Erlasse und Handlungsleitfäden der vergangenen Legislaturen auf Vereinbarkeit mit den Zielen des EKP (Handlungsleitfaden “Wind über Wald”, Handlungsleitfaden zur Ertragsprognoseberechnung, Erlass zu Mindestabständen und Höhenbegrenzungen)

•    Erlass mit Vorgaben zur Einteilung und Differenzierung in harte, weiche und Restriktionskriterien (Vergleich zu Windenergieerlass des TMIL’s vom 21.06.2016) samt kritischer Prüfung der bisher angesetzten weichen Kriterien, um der Windenergie substantiell Raum zu verschaffen (2%-Ziel ermöglichen), z.B.:
o    Entfall von Abständen zu Industrie- und Gewerbebetrieben
o    Zulassung auch von WEA-Standorten ab einer Anlage
o    Kein pauschaler Mindestabstand von 5 km – Einzelfallbetrachtung
o    Einzelfallbetrachtung/Freigabe von LSG ohne entgegenstehendes generelles Bauverbot 
o    VRG Kulturlandschaftsschutz – Einzelfallbetrachtung

•    Die Verfahren zur Fertigstellung der Regionalpläne müssen auf eine Frist von max. 3 Jahren begrenzt sein. Bei Nichteinhaltung der Fristen muss eine konsequente Sanktionierung durch die Landesregierung erfolgen. Für eine effizientere Erstellung von Regionalplänen sollte daher das Thema Wind als Teilplan/Teilfortschreibung (unter den oben genannten Fristen) ausgegliedert werden. Auf Grundlage von abgewogenen Regionalplanentwürfen sind bereits vor dem Beschluss des Regionalplans Genehmigungen von Windenergieanlagen möglich.

•    Der Vorrang der Windenergienutzung in ausgewiesenen Gebieten ist sicherzustellen.

•    Verhinderung der Ausweisung von Flächen, welche die Effektivität der Nutzung einschränken, wie z.B. Begrenzung der Anlagenhöhe.

•    Ermöglichung von Repoweringvorhaben auch außerhalb von Vorranggebieten dort, wo die betreffenden Kommunen das Vorhaben befürworten (wie im Kabinettsbeschluss zur SächsBO vorgesehen)

•    Nutzung von Waldflächen , welche bereits durch Umwelteinflüsse stark geschädigt sind bzw. keinen hohen naturschutzfachlichen Wert haben (z.B. reiner Nutzwald – Definition über die Waldfunktionskartierung vornehmen). Dies ermöglicht auch der Forstwirtschaft durch zusätzliche Einnahmen Aufforstungen nach heutigen Gesichtspunkten an anderer Stelle vorzunehmen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

•    Die vorgesehene Nutzung von ehemaligen Kohleabbauflächen bringt zwar zusätzliches Flächenpotenzial, beschränkt aber die Nutzung der Flächen vermutlich auf die Eigentümer der Flächen, welche in der Regel die Unternehmen des Kohlebergbaus sind. Ein freier Wettbewerb bzw. eine breite Beteiligung an der Nutzung der Windenergie, insbesondere auch durch Bürger und Kommunen, ist auf diesen Flächen dadurch nicht gegeben. Außerdem können hohe Kosten durch aufwändige Gründungserfordernisse entstehen, da die Rekultivierung der Flächen erst vor Kurzem oder zum Teil noch gar nicht erfolgt ist. Diese Flächennutzung sollte also in den Flächenbilanzen als zukünftiges Potenzial betrachtet werden, nicht jedoch für kurzfristige Betrachtungen. Die ehemaligen Kohleabbauflächen sind daher nicht in das 2%-Flächenziel einzubeziehen.

•    Kommunen haben in ausgewiesenen VREG oftmals eigene Flurstücke bzw. es sind dann für die Zuwegung Wegeflurstücke der Gemeinde in Anspruch zu nehmen. Hier wäre eine Verpflichtung zur Verfügungstellung kommunaler Grundstücke für ein angemessenes Entgelt wünschenswert.

•    Reduzierung der baurechtlichen Abstandsfläche, so wird In Mecklenburg-Vorpommern sogar gänzlich auf eine zu sichernde Abstandsfläche verzichtet. Wir schlagen eine Regelung vor wie:
o    „Für Windenergieanlagen, die im Außenbereich errichtet werden, genügt eine Tiefe der Ab-standsfläche, welche durch den Radius des Rotors zuzüglich 3 m bestimmt wird.“

•    Wir verweisen auf die neuesten Ausarbeitungen und Empfehlungen der Stiftung Umweltenergierecht mit “Reformansätzen zum Genehmigungsrecht von Windenergieanlagen” und des Sachverständigenrat für Umweltfragen “Klimaschutz braucht Rückenwind: Für einen konsequenten Ausbau der Windenergie an Land”.

•    Im Übrigen verweisen wir vollumfänglich auf die VEE-Stellungnahme zur Novellierung des Sächsischen Waldgesetzes vom 15. Oktober 2020  und unsere ausführlichen Stellungnahmen zur Novellierung der Sächsischen Bauordnung vom 29. Mai 2020 , 13. August 2020  und 06. Juli 2021.

Letztlich möchten wir die mit VEE-Brandbrief  übermittelten Vorschläge hier noch einmal wiederholen. Wir fordern im Zusammenhang mit dem Ausbau der Windenergie:

•    Einen Erlass, der den Genehmigungsbehörden in Sachsen bei Verhinderungsplanungen die Möglichkeit gibt, diese nicht anzuwenden („Verwerfungskompetenz“)
•    Eine Sensibilisierung der Kommunalaufsicht für das Problem der Verhinderungsplanung auf Bauleitplanebene
•    Aufklärungsarbeit zu Wirkfaktoren, kommunalen Standortvorteilen und finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten (nicht nur) in ländlichen Regionen
•    Eine Beratungs- und Dialogplattform für Projektierer und Gemeinden bei Konflikten
Letztlich schlagen wir die Einberufung eines „runden Tisches“ vor, welcher die Möglichkeit eröffnet, dass Projektierer und Ministerien die zentralen Probleme erörtern können und gemeinsam Lösungsansätze entwickeln. Hierbei ist von zentraler Bedeutung, dass der Windenergieausbau als ressortübergreifende Aufgabe verstanden und angegangen wird.
10.    Wasserkraft

Laut dem Energie- und Klimaprogramm 2021 soll der Status quo der Wasserkraft in Sachsen erhalten werden.

Jede Form der Erneuerbaren muss genutzt werden, um die Dekarbonisierung im Freistaat Sachsen schnellstmöglich voranzubringen. Die Wasserkraft gehört mit einem Wirkungsgrad bis zu 90 % dazu. Um keine Potentiale eines grünen Energiemixes ungenutzt zu lassen, braucht es einen passionierten politischen und gesellschaftlichen Willen, die Klimaneutralität schnellstmöglich herzustellen.

Zum Erhalt und Ausbau der Wasserkraft in Sachsen wird benötigt:

•    Die ausgewogene Umsetzung der Beschlüsse der Expertenkommission aus dem Jahre 2017.

•    Die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren durch Bürokratieabbau und die Zulässigkeit von einfachen Plangenehmigungen bei kleineren und mittleren Anlagen.

•    Die Vereinheitlichung der Wasserrechtsverfahren im Freistaat Sachsen.

•    Die Bestands- sowie Rechtssicherheit von mindestens 50 Jahren für ökologisch zukunftsfähige Wasserkraftanlagen.

•    Din Moratorium beim Rückbau von Wehranlagen und eine Prüfung der Möglichkeit der Wasserkraftnutzung.

•    Eine Potenzial- und Effizienzanalyse für Wasserkraft an sächsischen Gewässern.

•    Die gemeinsame Festlegung eines individuellen Gesamtkonzepts für jedes einzelne Kraftwerk.

•    Die Bereitstellung von landeseigenen Grundstücken des Freistaates Sachsen zur Umsetzung der Gewässerdurchgängigkeit.

•    Die Finanzierung von Pilotanlagen bezüglich Fischwechselanlagen und die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung neuer Berechnungsmodelle.

•    Die Zulässigkeit von alternativen baulichen Maßnahmen zur Verbesserung der Fischpassierbarkeit.

•    Eine Förderung von Fischauf- und Fischabstiegsanlagen vergleichbar mit anderen Bundesländern.

•    Eine Klimawandel-gerechte Neufestlegung der Mindest-Restwasser-Abgabemengen auf maximal 0,5 * MNQ bis 2/3 * MNQ.

•    Den Wegfall der Begrenzung des Anlagenschluckvermögens.

•    Eine Anerkennung von Ökopunkten bei naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen.

•    Eine ständige Kommunikationsplattform zum Austausch in praktischen Fragen zwischen der obersten Wasserbehörde und dem Wasserkraftverband Mitteldeutschland e.V.
Zur Begründung wird auf das Papier des Wasserkraftverbandes Mitteldeutschland „Zukunftsfähige Wasserkraft in Sachsen“ verwiesen, welches in Anlage beigefügt wird.

11.    Nachhaltige Mobilität

•    Schaffung der Grundlagen für einen flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, insbesondere für den Fernverkehr im PKW-Bereich mit Schnellladestationen und LKW-Bereich im Gütertransportbereich Wasserstofftankstellen mit grünem (!) Wasserstoff

•    Schaffung von Transparenz über die vorhandene und geplante Infrastruktur durch Darstellung der Ladepunkte und Wasserstofftankstellen im Internet

•    Nachhaltige Biokraftstoffe erzielen kurzfristig einen hohen Klimaschutzeffekt. Machbarkeitsstudien für Konzepte oder Pilotanlagen für die regionale, kommunale Umsetzung sollten gefördert werden.

•    Forschung und Entwicklung zur Nutzung von Biomethan im Verkehrssektor verstärken.

•    Elektrifizierung ÖPNV speziell E-Busse / Neuanschaffung und Retrofit / verbindliche Quoten / Änderung Einkaufsverhalten und Richtlinien / Beschaffungsinitiative – Leuchtturmprojekt

•    Carsharing nur elektrisch

•    Letzte Meile: elektrisch / E-Mobilitäts-Hubs

•    urbane Zonen emissionsfrei / Erprobungsklausel

•    Mikromobilität / L7e Fahrzeugförderung/ Unterstützung der Produktionsansiedlung

•    sinnvoller, bedarfsgerechter Ausbau Ladeinfrastruktur / Wohnen und Arbeiten / Leitstelle - jedem eFahrzeugnutzer oder Interessenten wird bei der Ladeinfrastruktur geholfen / Lotsenstelle, Förder- und Umsetzungsberatung

•    Immobilien / Neubau- und Renovierung nur EV-ready / kommunale Einrichtungen rüsten nach

•    Mobilitätsagenturen in Kommunen fördern (Bsp. Österreich)

12.    Wärme

Die Reduzierung des Wärmeverbrauchs durch energetische Gebäudesanierung ist ein wichtiger Bestandteil der Strategie. Nachhaltige Wärmeerzeugung und Nutzung sind die regionale Wertschöpfung schlechthin im ländlichen Raum.

•    Kommunale Abwärmekataster erhöhen die Effizienz und zeigen Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Wärme auf.

•    Intelligente Quartierslösungen mit Niedertemperatursystemen und mit regenerativen Wärmesystemen verringern die THG-Emissionen in diesem Sektor. Die kommunale Beratung bei Förderungen und Machbarkeitsstudien kann hier unterstützen.

•    Unterstützung bei Konzepten zur saisonalen Wärmespeicherung.

•    Nutzungspflicht von mindestens 20 Prozent erneuerbarer Wärme für Wohn- und Nichtwohngebäude.


13.    Wasserstoffstrategie

•    Nachhaltige Nutzung der ehemaligen Kohlereviere für die Erzeugung von “grünem” Wasserstoff durch auf den rekultivierten Flächen in direkter Nachbarschaft installierte Photovoltaik- und Windenergieanlagen, sowie dessen Speicherung für die weiteren Verwendungsbereiche 

•    Aufbau einer Infrastruktur für die breite Nutzung von Wasserstoff, insbesondere für Industrie und Logistik (Straße, Schiene, Luftfahrt)

•    Nutzung der in Sachsen vorhandenen Hochschul- und Forschungseinrichtungen für die Entwicklung hocheffizienter Systeme zur wirtschaftlichen Nutzung des Wasserstoffs

•    Unterstützung der Ansiedlung bzw. Erweiterung von Unternehmen für die Entwicklung und Umsetzung der Forschungsergebnisse in wirtschaftliche Praxislösungen

•    An Biogasanlagen können gute Konzepte entwickelt werden, weil sie Erzeugung, Speicherung und netzdienlichen Verbrauch von Wasserstoff abbilden können.


14.    Sonstiges

Wir bitten im Rahmen des EKP Monitorings den Energieverbrauch und dessen Prognose im Rahmen einer Szenarienbetrachtung kritisch zu betrachten und Anpassungen sowie Erweiterung der Maßnahmen umzusetzen.


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