30 Jahre Erneuerbare in Sachsen - 30 Jahre VEE Sachsen e.V.

Drei Jahrzehnte ist es her, dass wir unsere Arbeit für 100 Prozent Erneuerbare in Sachsen starteten – mit einer Portion Euphorie und Idealismus.
Damals, Mitte der 1990er Jahre, war das EEG noch nicht in Sicht; aber das 1991 verabschiedete Stromeinspeisegesetz (dessen Mitautor ich war) bot eine erste solide Grundlage. Die Technologie der Erneuerbaren Energien steckte noch in den Kinderschuhen. Sie war nicht minder faszinierend, versprach sie doch eine bezahlbare, dezentrale und vor allem umweltfreundliche Alternative zur industriellen Verbrennung von Gas, Kohle und Uran. Von einer umfassenden Energiewende wagte man nur zu träumen, ganz zu schweigen von der Verkehrs- oder Wärmewende. Ich hatte trotzdem die Freude, schon damals erste Elektroautos fahren zu dürfen. Skeptiker und Gegner waren deutlich in der Überzahl und redeten neue Technologien wie Windenergie bewusst klein. Wer damals für die Erneuerbaren eintrat, tat dies vor allem aus Überzeugung und dem festen Glauben an eine bessere Zukunft.
In 30 Jahren ist viel passiert. Die bessere Zukunft ist teilweise eingetreten – auch dank der unermüdlichen Arbeit der VEE Sachsen und unserer Verbandsmitglieder. Immer und immer wieder haben wir und mit fachlich qualifizierter Beratungstätigkeit, Information der Öffentlichkeit und sachorientierter Diskussion auf allen Entscheidungsebenen eingebracht. Unsere Aktivitäten wurden in den 1990er Jahren von der Politik positiv aufgenommen. Viele Veranstaltungen sorgten am Anfang für eine hohe Akzeptanz. Ab dem Jahre 2000 jedoch verschlechterten sich die Rahmenbedingungen in Sachsen.
Im Jahr 2008 wurde der Energiebeirat des SMWA unter Mitwirkung des VEE gegründet. Bis heute konnte man die jeweils vorherrschende Diskussion um die Energiewende erleben und mitgestalten. In der vergangenen Legislaturperiode wurden Verhandlungen mit den Ministerien geführt. Wir nahmen Einfluss etwa auf den Leitfaden zum Vogelschutz an Windkraftanlagen und die Änderung der sächsischen Bauordnung mit der Verkleinerung des bauplanungsrechtlichen Abstandskreises für Windkraftanlagen.
Auch in Sachsen hat der Ausbau zuletzt wieder etwas an Fahrt aufgenommen. Deutschland ist aus dem Atomstrom ausgestiegen und wird es perspektivisch auch aus der Kohle. Rund 60 Prozent des deutschen Stroms stammt mittlerweile aus Erneuerbaren Energien. Geholfen hat uns dabei jahrzehntelange Erfahrung aus der Auseinandersetzung mit der Politik in Sachsen. Wichtig sind aus meiner Warte insbesondere:
- Stets mit allen Akteuren zu reden
- Dranzubleiben, Ausdauer und langen Atem zu beweisen
- Hart zu diskutieren und klare Position zu beziehen
- Offen zu bleiben, denn die Auswirkungen von Gesprächen sind nicht immer absehbar und vorhersehbar
Dennoch sind die Herausforderungen kaum weniger geworden. Die Debatte um bezahlbare Energie wird so heftig geführt wie selten zuvor. Der Ausbau der Windenergie stößt vor Ort teilweise auf massiven Widerstand – insbesondere bei uns im Freistaat Sachsen. Akzeptanz ist zu einer der knappsten Ressourcen der Energiewende geworden.
Dabei liegen die Vorteile der Erneuerbaren klar auf der Hand: Sie machen uns als Staat unabhängig vom globalen Markt fossiler Rohstoffe. Sie sorgen für bessere innere Sicherheit und sind eine der sichersten und saubersten Erzeugungsarten. Es gilt nun, alle relevanten politischen Entscheidungen auf den weiteren Ausbau der Erneuerbaren auszurichten.
Hätte ich vor 30 Jahren erfahren, wo wir heute stehen, hätte mich das mit Stolz erfüllt. Aber das zügige Voranschreiten des Klimawandels, der scharfe gesellschaftliche Diskurs und das ständige Verfehlen der Klimaziele bereiten mir persönlich große Sorgen. Wir werden uns auch die kommenden 20 Jahren für die Vollendung der Energiewende einsetzen müssen – und gemeinsam für 100 Prozent Erneuerbare Energien kämpfen.
Dr. Wolfgang Daniels, Gründungsmitglied und ehemaliger Präsident
Der Blick in die Zukunft – wo geht es hin mit den Erneuerbaren in Sachsen?
Wolfgang Daniels hat die letzten 30 Jahre gut zusammengefasst. Leicht hatten (und haben) es die Erneuerbaren in Sachsen nicht – das beweist der Blick auf die Statistik und die Platzierung unter den Flächenländern beim Windzubau.
Bei aller Tragik gibt es aber auch eine helle Seite. Das Zubaupotential ist recht groß, denn wo noch nicht viel steht, passt noch viel hin. Und wenn zugebaut wird, dann die neueste Anlagenklasse mit großen Nabenhöhen und Rotordurchmessern. Sachsen könnte dadurch perspektivisch mehr Leistung zubauen und mehr Ertrag pro Fläche ernten als andere Bundesländer. Die konkreten Zahlen dazu sind absolut beeindruckend: Unsere erste Enercon E40 wurde im Gründungsjahr der VEE gebaut und erzeugte gerade mal 0,75 GWh pro Jahr. Eine jetzt geplante Windenergieanlage hat über 20 GWh Jahresertrag!
Und diese Energiemengen werden dringend benötigt. Sachsen bezeichnet sich selbst als Energie- und Industrieland. Wenn es das bleiben soll – und ausnahmslos alle im sächsischen Landtag vertretenen Parteien wollen das – kommt man am weiteren Ausbau der Erneuerbaren gar nicht vorbei! Wenngleich nicht alle Parteien diese Konsequenz verstanden haben.
Hier ist nach wie vor jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten, sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung. Dies ist eine der Kernaufgaben der VEE Sachsen. Jahrelang wurde die Energiewende schlecht- oder kleingeredet bzw. als gescheitert erklärt. Das hat seine Spuren hinterlassen.
Ich blicke trotzdem optimistisch und hoffnungsvoll in die Zukunft!
Unser Verband wie auch die Erneuerbaren selbst sind stärker und relevanter geworden. Wir werden von (vielen) politischen Entscheidern als überparteiliche und fachlich kompetente Stimme der Erneuerbaren in Sachsen wahrgenommen und konsultiert. Die Industrie selbst macht diesbezüglich Druck auf die Politik. Was fehlt, sind die positiven Beispiele. Die sind jedoch endlich in Vorbereitung bzw. bereits in Arbeit. Durch das neue Beteiligungsgesetz werden dann relevante Beträge auch direkt vor Ort ankommen und können entsprechende Wirkung entfalten. Dann wird auch für die Bevölkerung spürbar, dass die Erneuerbaren durch die regionale Wertschöpfung und die geringen Gestehungskosten ein sehr wichtiger Teil der Lösung gleich mehrerer Probleme sind: nämlich die klammen kommunalen Kassen entlasten, die lokale Kaufkraft steigern, niedrige Stromkosten ermöglichen und lokale Wirtschaft entlasten.
Zeitnah werden weitere Effekte dazukommen, denn für die kommunale Wärmeplanung werden große und preiswerte Energiemengen benötigt, die durch die vermehrt auftretenden Stromüberschüsse via Wärmepumpe, Power2Heat und preiswerte Wärmespeicher perfekte Verwendung finden.
Die Lösungen sind bereits vorhanden! Es macht mich stolz und zuversichtlich, zu sehen, dass viele unserer Mitglieder an genau diesen Lösungen arbeiten – für eine saubere, sichere und preiswerte Energieversorgung mittels Erneuerbarer Energien. In diesem Sinne: Auf die nächsten 30 Jahre!
Es wird eine spannende Zeit – wir werden sie maßgeblich mitgestalten. Ich freue mich drauf!
Dipl.-Ing. Falk Zeuner, Präsident