Er erinnerte unzweifelhaft an Sachsens Glanz und Gloria – der Tagungsort des 12. Sächsischen Geothermietages im Dresdner Hotel Taschenberg-Palais Kempinski. Im glanzvollen Labyrinth des Interieurs verbarg sich der Tagungsraum samt seiner ca. 80 Tagungsgäste - leider vorwiegend aus der fortgeschrittenen Alterskohorte - in etwas nüchterner Umgebung im Keller. Im Keller befindet sich auch gleichermaßen das eingangs vom Prof. Steffen Wagner benannte z. Z. einzigartige EGS-Tiefengeothermieprojekt von Aue-Schneeberg (=petrothermale Geothermie) Nach anfänglich verhaltenem Zweifel an der Aussagefähigkeit der Ende 2012 abgeschlossenen 3D-Seismik im Kristallin übertrafen die ersten Interpretationsergebnisse im März 2013 alle Erwartungen. Das Projekt hätte seinen planmäßigen Abschluss nach der Konzeption von 2009 Ende 2015 (!!?) vielleicht noch erreichen können, wenn das Projekt nicht unter Berufung auf Unwirtschaftlichkeit und Risiko in „Berlin“ ausgebremst worden wäre. Selbst die „ausgehandelte“ Halbierung des geplanten Bohrungsaufwandes von ca. 25 Mill. € ergab keinen Impuls für den Beginn einer verkleinerten Versuchsanordnung. Bezeichnend war ein von einem Vertreter der sächsischen Landesregierung überraschendes eingeleitetes Ping-Pong-Spiel mit Management- und Risikobällen zwischen Landesseite und Projektseite. Das notwendige Engagement für ein nicht nur von der Fachwelt schon fast „erbetene“ Aussage über die technologische Machbarkeit von EGS-Projekten im Kristallin im europäischen Raum kann auch nicht an der ungeklärten Kosten- und Risikoübernahme scheitern. Hier ist politisches Herangehen gefragt, da eine Energiewende mit dieser Mentalität nicht hinzubekomme ist. Geothermieprojektkosten einer Zukunftsinvestition von ca. 0,1% der zu erwartenden ca. <=55 Milliarden € /a (IfW Kiel, 11.12.15, Anm. vom Verfasser)) aus der Flüchtlingskrise müssten zu schaffen sein. Das Erschütterungsrisiko der Magnituden <3 des geothermischen Experimentes ist zudem beherrschbar und unbedeutend gegenüber den sozialen Erschütterungen eines gesellschaftlichen Experimentes mit ungewissen zukünftigen Ausgang. Das ambitionierte Dresdner Geothermieprojekt (DREWAG) ist folglich auch weit in die Zukunft entrückt. Es ist nicht unbedingt eine naturgegebene Gesetzmäßigkeit, dass petrothermale Pionierprojekte in Dimensionen von Jahrzehnten gedacht werden müssen.
Es sind nicht nur die natürlichen Überraschungen der technologischen Neulanderschließung, es ist vor allem das vermeidbare nicht überraschende institutionelle Restriktionsverhalten, das sich selbst auf einem politisch verbindlich erklärten Weg der Energiewende immer wieder einstellt.
Nicht nur diese Problematik, sondern der gesamte Zustand der Geothermie in Sachsen gab Anlass zur Vorstellung einer Geothermie-10-Punkte-Agenda, die auch als ein Engagement-Vermächtnis von Prof. Wagner zu verstehen bzw. zu beherzigen ist, da er aus Altersgründen seine Projektbeteiligung einstellen muss.
Nicht nur die Geothermie zeigt das universelle Einschwingverhalten von neuen Techologieentwürfen – plötzlich steiles Aufschwingen aus langem Anlauf bis in euphorische Höhenflüge mit nachfolgenden freien Fall bis ins Tal der Ernüchterung und wieder langsames Aufsteigen und Einschwingen auf das Plateau der Praxis – lässt sich auch in der Bohrtechologie festmachen. Es wird absehbar bei dem Rotaryverfahren bleiben und die Praxis erfahrene Projektierung der besonders kostensensiblen Auslegung von Geothermiebohrungen wird entscheidend sein.
Die oberflächennahe Geothermie (Erdsonden+Wärmepumpe) hat sich weiter etabliert und erlaubt Sachsen sogar den Platz 3 im Bundesländerranking. Eine ungebremste weitere Verbreitung kleiner „Häusleanlagen“ ist nicht zu erwarten, da sich die Luftwärmepumpe zunehmend investitionsfreundlicher erweist. Die spezielle Eignung von großen Erdsondenfeldern wird sich zukünftig im alternierenden Heiz- und Kühlvorgängen erweisen können. Gaswärmepumpen sind kostenmäßig nicht konkurrenzfähig trotz technologisch bedingter Sondenlängenreduktion. Als sächsische Spezialität sind zudem noch Entwicklungen bei der Nutzung von Grubenwässern anzusehen, wenn auch nur marginal.
Erneute Verweise auf die scheinbar paradoxe Allianz von Kälteerzeugung und Geothermie runden die Vorstellungen über das vielseitige Potenzial der Geothermie ab.
Allen Elektrowärmepumpen und damit auch der oberflächennahen Geothermie bleiben aber noch solange die 100%-Regenrative-Energie-Weihen vorenthalten, solange der Strom nicht ebenfalls 100%ig regenerativ erzeugt wird. Überhaupt wird die strombasierte Energiewende je nach zukünftiger „Überschussproduktion“ in Form der direkten elektrischen Heizung als eleganteste Lösung auch den Wärmemarkt mitbedienen können, wobei Impulse für die geothermischen Speicherlösungen interessant werden
Die tiefe Geothermie wird sich auf die Bedienung des Wärmemarktes konzentrieren müssen unabhängig von KWK-Potenzialen unter günstigen geologischen Voraussetzungen.
Damit die Zitate aus der Überschrift wieder eingefangen werden können, sollte der Verweis auf die aktuellste politische Positionierung dienen: „..weil es zur Identität unseres Landes gehört, Größtes zu leisten „ (Merkel, 14.12.15). Da sollte man optimistisch sein können, wenn sich diese Haltung auch auf die klassische deutsche Erfolgsgeschichte der wissenschaftlich-technischen Entwicklungen beziehen würde.
Folglich gibt es für die VEE Sachsen e.V. auch keine „Obergrenzen“ für ein Engagement für die Energiewende (dieser Zusatz in eigener Sache sei gestattet, der Verfasser)