Erfolgreiche Energiewende im Freistaat Sachsen verlangt beschleunigten Netzausbau
VEE Sachsen e.V.
Pressemitteilung 04/2023 vom 14. Juli 2023
Dresden. 14. Juli 2023. Um die Energiewende in Freistaat Sachsen erfolgreich umzusetzen, ist neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien auch der Ausbau des Stromnetzes erforderlich. Beides kommt nur schleppend voran. Dies gilt vor allem für den Neubau von Hochspannungsleitungen. Neben langen Planungs- und Genehmigungsverfahren sind dafür auch anhaltende Bürgerproteste verantwortlich. Die Klimaschutzziele von Sachsen sind so nicht erreichbar.
Bei den Sächsischen Klimagesprächen der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen (VEE Sachsen e. V.) zum Thema Energiewende im Lichte von Ausbau und Akzeptanz am 14. Juli 2023 forderten deshalb alle Beteiligten ein rasches Umdenken.
„Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Ausbau des Stromnetzes im Freistaat Sachsen müssen sich im Einklang bewegen. Dazu benötigen wir deutlich einfachere und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Neubau von Stromleitungen. Es kann nicht im Sinne der Energiewende sein, dass aufgrund von Netzengpässen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien immer wieder gedrosselt oder abgeschaltet werden müssen. So kommen wir nicht weiter“, betont Falk Zeuner, Präsident der VEE Sachsen e. V.
Dr. Elisabeth Jüschke, Leiterin Projektentwicklung Wind Ostdeutschland der JUWI GmbH, sieht dies ähnlich. Die Projektentwicklungsgesellschaft für Windkraftanlagen, Solaranlagen und Hybrid- Kraftwerke, die in Brandis bei Leipzig einen Standort hat, betreut in Sachsen zahlreiche Windenergie- und Solarenergie-Vorhaben. „Um die von der Politik verlangten Vorgaben beim Ausbau der Wind- und Solarenergie einzuhalten, sind wir neben ausreichenden Flächen auf ausreichende Stromnetze angewiesen, in die wir unseren klimafreundlich erzeugten Strom einspeisen können.“
Auch Steffen Zerge, Leiter Netzregion Südsachsen bei der Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH (MITNETZ STROM), Kabelsketal/Freiberg, weiß, dass beim Ausbau des Stromnetzes Eile geboten ist. Das Unternehmen ist der größte regionale Verteilnetzbetreiber in Ostdeutschland. Das Netzgebiet erstreckt sich über Teile der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In Sachsen unterhält MITNETZ STROM ein 23.000 Kilometer langes Stromnetz, an das aktuell 38.000 Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien angeschlossen sind. „Wir kommen speziell beim Ausbau des Hochspannungsnetzes in der Netzregion Südsachsen seit Jahren nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit voran. Dies gefährdet nicht nur die Umsetzung der Energiewende, sondern auch die Versorgungssicherheit vor Ort.“
Die Anforderungen, vor denen MITNETZ STROM beim Netzausbau steht, sind gewaltig. Das von der Politik beschlossene Ziel, dass bis 2030 80 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen sollen, bedeutet für das Unternehmens, mindestens 900 Windkraftanlagen und 133.000 Photovoltaik-Anlagen an das Stromnetz in seinem Netzgebiet anschließen zu müssen. „Nie waren die Herausforderungen so groß wie jetzt. Wir müssen ab heute bis 2030 mindestens 1.500 Kilometer Freileitungen in unserem Netzgebiet bauen. Das sind 16 Kilometer pro Monat. Dies ist nur zu schaffen, wenn die Investitionsbedingungen verbessert werden, ausreichend Fachkräfte und Material zur Verfügung stehen und nicht zuletzt die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden“, unterstreicht Zerge.
Neben weniger Bürokratie und mehr Personal bei der Planung und Genehmigung von neuen Stromleitungen im Freistaat Sachsen ist für Dirk Neubauer, Landrat des Landkreises Mittelsachsen, auch ein Umdenken beim Umgang mit den vom Ausbau betroffenen Bürgern erforderlich. „Die Energiewende kann ohne die Akzeptanz der Bevölkerung nicht gelingen. Die Bürger fordern berechtigt, frühzeitig und umfassend in Projekte vor ihrer Haustür einbezogen zu werden. Die bestehenden Angebote reichen nicht aus. Sie müssen durch neue Beteiligungsformate ergänzt werden. Die Bürger werden Proteste und Klagen gegen den Ausbau des Stromnetzes nur dann einstellen, wenn wir sie bei der Planung von Beginn an zu anerkannten Partnern machen.“
Auch Prof. Dr. Gernot Barth, Leiter IKOME | Steinbeis Mediation, Leipzig, hält einen Perspektivwechsel bei der Bürgerbeteiligung beim Netzausbau für notwendig. Das Unternehmen ist eines der führenden Beratungsinstitute für Konfliktmanagement in Deutschland. „Bürger sind nicht Bremser, sondern Schrittmacher von Energie-Infrastrukturprojekten. Sie sind ein Aktivposten. Ihre Potenziale abzurufen, ist für alle ein Gewinn. Investitionen in eine zeitgemäße Bürgerbeteiligung beim Ausbau des Stromnetzes sind gut angelegt. Die notwendigen Mittel sind im Vergleich zu den Kosten bei Verzögerungen oder Scheitern der Vorhaben vergleichsweise gering.“
Barth verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Ergebnisse des Steinbeis BürgerbeteiligungsReports 2023. Danach ist für zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland eine Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau des Stromnetzes wichtig. Sie kann aus Sicht der Bürger einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, Konflikten vorzubeugen, Klagen zu vermeiden und Verständnis für die Planung zu verbessern.
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