PM 09/13 vom 11.07.2013: Energiewende verdient auch in Sachsen eine faire Chance – 165 Unternehmen und Unterstützer unterschreiben Sächsische Erklärung für die Weiterführung der Energiewende in Sachsen – verlässliche Rahmenbedingungen gefordert
Energiewende verdient auch in Sachsen eine faire Chance – 165 Unternehmen und Unterstützer unterschreiben Sächsische Erklärung für die Weiterführung der Energiewende in Sachsen – verlässliche Rahmenbedingungen gefordert, um auch Arbeitsplätze in den Branchen langfristig zu sichern
Pressemitteilung 09/13 vom 11.07.2013 der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien - VEE Sachsen e.V., des Bundesverband Windenergie Landesverband Sachsen, Verband der Wasserkraftwerksbetreiber Sachsen und Sachsen –Anhalt e.V.
In der vergangenen Woche haben die Bundesländer Bayern und Sachsen eine Initiative in den Bundesrat eingebracht mit dem Ziel über eine Länderöffnungsklausel die Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung bis auf das Zehnfache der Anlagenhöhe auszudehnen. Damit werden Mindestabstände von 2000 m beim Zubau neuer moderner Windkraftanlagen über die Hintertür der Öffnungsklausel die Regel.
„Hier geht es ganz klar nicht um die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber Windkraftanlagen in der Nachbarschaft“, so Dr. Wolfgang Daniels, Präsident der Vereinigung zur Förderung Erneuerbarer Energien e.V., “sondern um das Aus für die Energiewende in Sachsen an sich“. Denn in der Tat reiht sich das Vorhaben Sachsens in die Restriktionen der letzten Monate gegenüber den Erneuerbaren Energien ein, angefangen von den besonders durch Sachsen propagierten Kürzungen bei der Vergütung für Solaranlagen über die Einführung der Wasserentnahmeabgabe für Wasserkraftanlagen bis hin zum praktischen Baustopp für Windkraftanlagen.
Auf der anderen Seite steht der Beschluss des Regionalen Planungsverbandes Niederschlesien-Oberlausitz über den Neuaufschluss des Tagebaues Nochten II in der letzten Woche, der die Zerstörung von jahrhundertealten gewachsenen Landschafts- und Siedlungsräumen und die Umsiedlung von 1600 Menschen bedeutet. „Die Diskussion um bezahlbaren Strom und die Energiewende an sich, wird ausschließlich auf dem Rücken der erneuerbaren Energien ausgetragen“ so Daniels weiter.
Dabei wird u.a. verschwiegen, dass„ die Braunkohlekonzerne in Sachsen als energieintensive und vermeintlich im Wettbewerb stehende Unternehmen von der EEG-Umlage befreit sind, zu Lasten der privaten Verbraucher.“ ergänzt Daniels.
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich lässt sich dabei von seinem Koalitionspartner FDP treiben, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Mit Abständen von 2000 Metern kommt der Ausbau der Windenergie, bisher das Rückgrat der Energiewende in Sachsen, zum Erliegen. Das aktuelle Hochwasser in Sachsen scheint dabei nicht zu einem Umdenken der Staatsregierung bei ihren energiepolitischen Rahmensetzungen geführt zu haben. Aus diesen Gründen wurde die Sächsische Erklärung zum Fortbestand der Energiewende in Sachsen von über 150 Akteuren aus der Wirtschaft, von Privatpersonen und Verbänden auf den Weg gebracht, und heute am 11.07.2013 anlässlich der Sitzung des Sächsischen Landtages veröffentlicht.
Die Unterzeichner fordern nicht nur ein klares Bekenntnis Sachsens zur Energiewende, sondern auch die Schaffung verlässlicher, attraktiver und zukunftsorientierter Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Versorgung mit 100 % Erneuerbarer Energien. „Die Umsetzung der Energiewende ermöglicht uns gleichermaßen Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten und Sachsen als Land innovativer Technologien zu präsentieren – Sachsen sollte sich ernsthaft überlegen, ob es diese Zukunftsvision aus der Hand geben möchte“, so Dr. Daniels am Schluss seiner Überlegungen.
Die Unterzeichner der Sächsischen Erklärung finden Sie hier.
Die Pressemitteilung zum Download finden Sie hier.
Hintergrundinformationen zur Bundesratsinitiative von Bayern/Sachsen:
Sächsische Staatsregierung plant erneuten Angriff auf die Privilegierung von Windenergieanlagen
Mit dem Start einer gemeinsamen Bundesratsinitiative „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Baugesetzbuchs (BauGB)“ (am 02.07.2013) wollen die Landesregierung der Freistaaten Sachsen und Bayern eine Länderöffnungsklausel für höhenbezogenen Abstandsregelungen von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung zu erzwingen – wohlwissend, was das für den Zubau von Windenergieanlagen in Sachsen und anderen Bundesländern Deutschlands faktisch bedeutet. Mindestabstände bei modernen Windenergieanlagen von 2000 Metern bringen den Zubau von Windenergie in Sachsen und den meisten anderen Bundesländern Deutschlands zum Erliegen. So bleiben in Bayern lediglich 0,05% der Landesfläche für die Windenergienutzung übrig. Im Freistaat Sachsen würden sich die in Frage kommenden Flächen auf 0,2% beschränken. Das entspricht genau der Kapazität, die aktuell mit Windenergieanlagen bebaut ist.
Mit Hilfe der Länderöffnungsklausel soll die Privilegierung von Windenergieanlagen, bisher im Baugesetzbuch (BauGB) so festgeschrieben, eingeschränkt werden. Die FDP Fraktion im sächsischen Landtag geht noch ein Schritt weiter, indem sie fordert, dass die bundesgesetzlichen Regelungen für Windenergieanlagen im Außenbereich komplett auf die Bundesländer übertragen werden. In der Folge könnte dann jedes Bundesland selbst entscheiden, wie energiepolitische Ziele und der Schutz der Landschaft gegeneinander abgewogen werden können. Nachdem Sachsen bereits im März 2013 sang und klanglos mit einer Bundesratsinitiative gescheitert ist, die Privilegierung von Windenergieanlagen auf die Länder zu übertragen, holt man sich jetzt Unterstützung vom großem Bruder aus Bayern. Damals wie heute, geht es darum die Privilegierung zu Fall zu bringen.
Klar wird diese Zielrichtung dadurch, dass es es bereits aktuell für die Bundesländer möglich ist, die Abstände von Windenergieanlagen in ihren Ländern, in den Sachsen durch die Regionalen Planungsverbände, selbst festzulegen.
Beide Ministerpräsidenten, Stanislaw Tillich und Horst Seehofer, wie auch die sächsische FDP begründen ihre Initiative mit der mangelnden Akzeptanz in der Bevölkerung und einer zunehmenden „Verschandelung„ der Landschaft durch Windenergieanlagen.
Bei den fossilen Energieträgern Braunkohle und Atomkraft wird dagegen, seitens der beiden Bundesländer auf die o.g. Argumente keine Rücksicht genommen. So strebt Bayern den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken, über die 2011 beschlossen Laufzeiten, an, während Sachsen am 01.07.2013 den Aufschluss eines neuen Braunkohletagebaus und dessen Ausbeutung bis weit über das Jahr 2050 hinaus in der Lausitz beschlossen hat. In beiden Fällen spielen weder der fortschreitende Klimawandel, zunehmende Flutkatastrophen, noch Bedenken der Bevölkerung und der Naturschützer eine Rolle. Mindestabstände von Braunkohletagebauen zur Wohnbebauung werden von der sächsischen CDU und FDP dagegen nicht einmal erwogen, wie die Umsiedlung weiterer 1600 Menschen für den Tagebau Nochten II beweist.
Damit wird Zielrichtung des abgestimmten Vorstoßes der beiden Bundesländer deutlich: Mit der Begründung steigender Strompreise sichert Sachsen langfristig die extrem klimaschädliche Braunkohleverstromung, auch auf Kosten der Umsiedlung tausender Menschen und großflächiger Umweltzerstörungen und Klimaschäden, ab. Bayern setzt auch in Zukunft weiter gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung auf den „billigen“ Atomstrom – zu Lasten zukünftiger Generationen und ohne eine Lösung für die Aufbewahrung der radioaktiven Abfälle zu präsentieren. Von den Folgen einer Reaktorkatastrophe, wie die Vorfälle in Fukushima eindrücklich gezeigt haben, ganz zu schweigen. Folgekosten dieser Technologien werden sozialisiert und folgenden Generationen aufgebürdet.
Dabei entpuppte sich gerade die Windenergie an Land, in den letzten Jahren als kostengünstigeste, regenerative Energiequellen und stellt das Rückrat, der von der Bundesregierung im Jahr 2011 beschlossenen Energiewende dar. Die Bürgerenergiewende, mit einer breiten gesellschaftlichen Beteiligung an den regionalen Energieerzeugungsanlagen und den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten, wird es ohne eine Energiewende ebenfalls nicht mehr geben.
In einem Artikel der Plattform Oberpfalznetz erhöht der bayerische Ministerpräsident Seehofer noch einmal den Druck, indem er ankündigt, weitere Einspeisevergütungen für Windenergieanlagen und die Fortschreibung des EEG´s nur zu unterstützen, wenn dies an geänderte Mindestabstände gekoppelt wird.
Bei einem Erfolg der Bundesratsinitiative wäre die Energiewende in Sachsen dann endgültig gestoppt.
Das Anschreiben der VEE Sachsen e.V., des Verbandes der Wasserkraftwerksbetreiber Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. und des Bundesverband Windenergie - Landesverband Sachsen e.V. an die Ländervertreter im Bundesrates finden Sie hier.
In der letzten Bundesratssitzung vor der Sommerpause, am 05.07.2013 in Berlin, wurde die Gesetzesinitiative in die Ausschüsse des Bundesrates überwiesen.
Am 20.07.2013 in der ersten Sitzung nach der Sommerpause und kurz vor der kommenden Bundestagswahl, soll der Antrag erneut im Bundesrat verhandelt werden.
Die VEE Sachsen e.V. sammelte gemeinsam mit Akteuren aus Sachsen mehr als 150 Unterschriften über eine gemeinsam vom VEE Sachsen e.V., vom BWE Landesverband Sachsen e.V. und vom Wasserkraftverband Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. verfassten Sächsischen Erklärung zur Weiterführung der Energiewende im Freistaat.
Informationen zur Sächsischen Erklärung zur Weiterführung der Energiewende
Aktuelle Entwicklungen zur Bundesratsintiative:
Auf der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats am 05.09.2013, auf der die gemeinsame Bundesratsinitiative von Sachsen und Bayern beraten werden sollte, machte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer einen Rückzieher. Auf Antrag des Freistaats Bayern wurde die entsprechende Vorlage bis auf Widerruf vertagt. Laut einer Sprecherin der bayerischen Staatskanzlei, war aufgrund der Schulferien in Bayern insgesamt zu wenig Zeit, in ganz Bayern für die Unterstützung der Initiative zu werben. Eine Reaktion aus dem sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (Minister Sven Morlok FDP) erfolgte dagegen nicht. Dies ist verwunderlich, da gerade das SMWA sich in der Vergangenheit sehr laut und deutlich die Initiative vorangetrieben hatte.
Der bayerische Städtetag hatte sich im Vorfeld bereits gegen die Initiative ausgesprochen, da er befürchtet, dass der Ausbau von Windenergie in Bayern nicht realisiert werden kann.
Erste Reaktionen:
Die Pressemitteilung der VEE Sachsen e.V. zum Thema finden Sie hier.
Die Pressemitteilung des BWE Landesverbandes Sachsen zum Thema finden Sie hier.
Die Pressemitteilung des BWE Bundesverbandes finden Sie hier.
Den Antrag der Bundesländer Sachsen und Bayern finden Sie hier.
Erste Reaktionen der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag finden Sie hier.
Eine erste Reaktion der Fraktion DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag finden Sie hier.
Eine Pressemitteilung der FDP Fraktion im Sächsischen Landtag finden Sie hier.