BWE Landesverband Sachsen - 19. Sächsischer Windenergietag
Unter der Überschrift „Quo Vadis deutscher Energiemarkt - Die Energiewende im Jahr 2017“ hatte der BWE Sachsen zahlreiche Experten und Landespolitiker zur Bestandsaufnahme und Diskussion eingeladen
Leipzig (Informationen: BWE-Sachsen/Maslaton/Schubert/Seifert/medienkontor/Schroeter/Energiejournalist)
Beim Ausbau der Windenergie in Sachsen scheint die Stagnation der vergangenen Jahre zunächst überwunden zu sein. Doch trotz einigen positiven politischen Signalen wird die Branche weiterhin durch Bundes- und Landespolitik gebremst. So übt etwa die Hälfte der sächsichen Landkreise Druck auf die Landesregierung aus, die sogenannte "10-H-Regelung" umzusetzen. Als bundesweite Bremsen wurden die neuen Bestimmungen für den Energiemarkt diskutiert wie die Direktvermarktung, das Ausschreibungsdesign und der Strommarkt 2.0. Fachreferenten beleuchteten diese Themen. Ein Streitgespräch am Ende der Veranstaltung zeigte wesentliche Grundsätze der Befürwortern und der Gegnern Erneuerbarer Energien auf.
Barbara Meyer, Abteilungsleiterin im Wirtschaftsministerium stellte klar, dass die sächsische Staatsregierung keinen starren Mindestabstand zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlagen einführen wird. „Wir setzen hier auf flexible Lösungen, die auf die geografischen Verhältnisse vor Ort Rücksicht nehmen. Außerdem diskutieren wir derzeit mit dem Innenministerium die Aufhebung des 1000-Meter-Erlasses.“ Die Äußerungen der Abteilungsleiterin wurden von den Branchenvertretern mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. Auch die beabsichtigte Rücknahme des, wenn auch letztlich nicht bindenden, Abstandserlasses wurde begrüßt. „Wir müssen, und hier ist auch die Landesregierung gefragt, viel mehr für die Akzeptanz der Windenergie werben. Dabei muss klar sein, dass natürl ich auch die Windenergie Geld verdienen will und muss. Der Branche vorzuwerfen, dass sie wirtschaftlich agieren möchte, ist doch absurd“, so Prof. Martin Maslaton, Vorsitzender des BWE Sachsen dazu. „Außerdem sollte man in Sachsen endlich auch einmal darüber nachdenken, Windräder in Gewerbegebieten zuzulassen. Gerade Gewerbe und Industrie könnte neben PV-Anlagen auch Windenergieanlagen wunderbar zur Eigenstromversorgung nutzen. Auch Bürgerenergieinitiativen könnten dort Windräder errichten.“
Dr. Axel Röpke, Vizepräsident des BWE-Bundesverbandes sowie Rechtsanwältin Dr. Manuela Herms schließlich beleuchteten die Auswirkungen des neuen Ausschreibungssystems auf den Windenergieausbau und die Errichtung von PV-Anlagen. Das neue System, welches zum Jahreswechsel gestartet wird, wird von den Branchenvertretern mit großer Skepsis betrachtet, zeigt doch der Blick in andere europäische Länder, dass am Ende keinerlei Kostenersparnis zu erwarten ist, vielmehr drohe eine Remonopolisierung des Energiemarktes.
Hermann Albers, Präsident des BWE-Bundesverbandes betonte den positiven Beschäftigungseffekt der Windbranche und äußerte die Erwartung, dass man in einigen Jahren bei den Beschäftigen im Sektor Erneuerbare Energien mit der Automobilindustrie gleichziehen könne.
Eine gute Grundlage für das nachfolgende Streitgespräch zwischen Arnold Vaatz (MdB) und Marco Böhme (MdL) lieferte auch Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Schlegel. Er betonte, dass der Windkraft-Ausbau in Sachsen wieder etwas kräftiger voran geht. Der Döbelner Windkraft-Experte rechnet damit, dass im laufenden Jahr 2015 landesweit insgesamt 31 Windenergie-Anlagen mit einer Spitzenleistung von insgesamt 71,45 Megawatt zugebaut werden. 19 Windräder mit 41,50 MW seien bereits bis Ende September errichtet worden, berichtete Schlegel gestern auf dem Sächsischen Windenergie-Tag in Leipzig. Damit drehten sich derzeit in Sachsen 865 Windräder mit einer Gesamtleistung von 1.121 MW. Mit den zwölf Anlagen, die sich noch im Bau befinden, werde die Gesamtzahl bis zum Jahresende voraussichtlich auf 877 und ihre Gesamtleistung auf 1.150 MW steigen. Nach Schlegels Einschätzung scheint mit diesem Zuwachs die Stagnation der vergangenen Jahre beim Windkraft-Ausbau zunächst überwunden zu sein. Er führte es auf „die bisherige sächsische Verhinderungspolitik“ zurück, dass Sachsen bei der installierten Leistung inzwischen von den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Bayern, Thüringen und Hessen überholt wurde und sich im bundesweiten Vergleich nur noch auf dem 11. Platz findet.
Im Streitgespräch zwischen Arnold Vaatz (MdB) und Marco Böhme (MdL) prallten wie erwartet Grundsatzpositionen aufeinander. Für Arnold Vaatz sind Photovoltaik und die Windenergie lediglich ergänzende Energieträger für den Strommix, da sie sehr teuer in den Investitionskosten seien und subventioniert werden müssten. „Der Versuch, die Grundlast durch Erneuerbare Energien abzudecken, ist verfehlt, weil dies unmöglich ist“, so Vaatz. Böhme entgegnete Vaatz, der die Atomkraft zu den guten Energien - weil CO2-sparend - hinzuzählt, dass Kohle und Atom viel größere Subventionen erhielten und dass 100 Prozent Erneuerbare kombiniert mit Speichern sehr wohl möglich ist. „Die Energiewende machen wir vor dem Hintergrund der Endlichkeit der fossilen Energieträger und für den Klimaschutz“, so Böhme.
Die 110 Branchenvertreter erlebten einen inhaltlich sehr intensiven Windenergietag. „Sachsens Regierungskoalition muss endlich die im Koalitionsvertrag versprochene Neuausrichtung der sächsischen Energiepolitik auch wirklich angehen. Die CDU bremst hier, während die SPD diese Wende will. Wir werden weiter diese Neuausrichtung einfordern“, bekräftigte Prof. Martin Maslaton zum Abschluss des Windenergietages.
Diskussionspartner: Prof. Martin Maslaton, Landesvorsitzender des BWE Sachsen, Konrad Hölzel, Bundeswirtschaftministerium Referat Erneuerbare Energien, Hermann Albers, Präsident des BWE Deutschland und Barbara Meyer, Abteilungsleiterin im Sächsischen Wirtschaftsministerium. (Foto: Kube)